Mein Weg in die Freikörperkultur


Wie findet man eigentlich seinen Weg in die Freikörperkultur, zur Freikörperkultur, in den Naturismus ?

Ein Patentrezept gibt es dazu ebenso wenig, wie einen „Fahrplan” oder „Wegweiser” - Jeder muss für sich selbst eben diesen Einstieg suchen, finden und (wenn möglich) auch gehen. Am Anfang sollte jedoch der Wunsch stehen, auch »nackt« sein zu wollen, draußen in der Natur und ... zusammen mit anderen Menschen. Mit Menschen, die dies auch möchten, ohne jeglichen sexuellen Hintergedanken, einfach so, einfach nur nackt sein.
Andere wiederum müssen irgendwie „angestupst” werden, um mitzumachen, um auch nackt zu sein. Ihnen muss erst einmal gezeigt werden, wie angenehm und schön die Nacktheit sein kann ... und damit auch die Freikörperkultur.

Jeder hat so seinen Weg ... und auch ich hatte meinen Weg - und davon möchte ich hier nun erzählen.

Kindheitserinnerungen an die Nacktheit
Ich war so 10 Jahre jung, da fing ich an, mich für »Nacktheit« zu interessieren → a) für meine eigene Nacktheit und b) natürlich auch für die Nacktheit der anderen. Mit diesem aufkeimenden Interesse war ich allerding auch nicht allein. Wir schreiben das Jahr 1969, Computer, Internet, iPhones und den ganzen Kram, den gab es da noch nicht. Bei uns bedeutete das: Schule aus → Hausaufgaben → raus zum spielen !
Unser „Abenteuer-Spielplatz”, das war eine alte, kleine Bunkeranlage im Hof vom Hallerplatz, hier wohnte auch mein damaliger Klassenkamerad Frank (3). Meistens spielten wir Fußball (der alte Fußballplatz des HSV befand sich ja in der Rothenbaumchaussee), doch wenn Mädchen dabei waren, „mussten” wir etwas anderes spielen und so kamen wir dann irgendwann einmal auf das Spiel »Flaschendrehen«. Zuerst fing das auch ganz harmlos an: auf wen der Flaschenhals zeigte, der musste einen Purzelbaum schlagen oder einen Handstand machen ... bis ... irgendjemand auf die Idee kam, mit den Kleidungsstücken und dem ausziehen. Auch heute noch sind wir der festen Überzeugung, dass eines der Mädchen auf diese Idee kam.

Ab nun war es so, dass, auf wen der Flaschenhals zeigte, ein Kleidungsstück ablegen musste. Das Problem war nun, wenn jemand von uns nun schon ganz nackt war - und der Flaschenhals wieder auf ihn (oder sie) zeigte, was dann? Purzelbaum oder Handstand ... nee, das war langweilig: nackig zur Straße runter laufen und wieder zurück → Das war die Idee !
Das Kind von uns, dass es dann wieder traf: raus aus unserem Unterschlupf und die gut 25 Meter zur Straße (→ Hallerplatz) hinunter gelaufen und ganz schnell wieder zurück. Das witzige dabei, zur Kontrolle sind wir alle - mehr oder weniger nackt - mit raus und haben zugesehen und uns „wie Bolle” gefreut.

Die Mädchen waren immer sehr einfallsreich, wenn sie zum Flaschendrehen kamen, so waren sie zum Beispiel im Hochsommer dann so dick bekleidet, als wäre es tiefster Winter. Wir Jungen waren da eher unkompliziert: die (kurze) Lederhose reichte vollkommen aus - mehr brauchten wir nicht. Unterhose, Sandalen oder ein Hemd waren optional. So kam es dann auch regelmäßig vor, dass wir Jungen immer ganz schnell bei diesem Spiel nackt waren, während die Mädchen immer wieder Diskussionen anfingen, ob eine Strumpfhose nicht eventuell als zwei Kleidungsstücke gelten könne. Aber uns Jungen nackt sehen, ja, DAS wollten sie...
Trotzdem, irgendwann waren auch mal die Mädchen komplett nackt und mussten laufen. Abgesehen von dem Spiel, es war für mich ein schönes Gefühl, da so nackt mit anderen nackten Kindern zu sitzen und die Zeit gemeinsam nackt zu verbringen.

Eine etwas „härter” Version des Flaschendrehens hatten wir dann bei Thomas (4) gemacht: wer verlor und bereits nackt war, der musste auf dem Fahrrad um den Block, um den ganzen Block, fahren: Hansastraße → Rothenbaumchaussee → Hallerstraße → Hochallee → Hansastraße !
Wenn ich mich recht erinnere, musste ich mich zweimal nackt auf mein Bonanza-Rad schwingen und diese Strecke absolvieren. Aber bei der Geschwindigkeit die wir an den Tag legten, da hatte bestimmt niemand etwas davon mitbekommen, dass wir da komplett nackt durch Hamburgs Straßen fuhren, bzw. rasten. Großartig aufgefallen war es nicht, da wir Jungen sowieso die meiste Zeit mit entblößtem Oberkörper spielten - dies war Mitte/Ende der 1960er Jahre durchaus normal.

Hier kam noch irgendwie der „Reiz” des Verbotenen, des Unanständigen, des „SO-WAS-MACHT-MAN-NICHT”, hinzu ... wir waren ja schließlich wohlerzogene, anständige und gehorsame Kinder !

1 - Hallerstraße 75 = Hier hatte ich gewohnt

2 - Das kleine Gerätehäuschen

3 - Wohnort = Frank

4 - Wohnort = Thomas




Anmerkung:
Die damaligen „Spielchen” und „Abenteuer”
sind auf jedem Klassentreffen auch immer
wieder ein Gesprächsthema.
Die Erinnerungen daran werden stets frisch
gehalten. Und wir sind uns auch heute noch
einig: geschadet ... nein, geschadet hat es
uns nicht.

Es war schon außerordentlich spannend, nackt zu sein, nackt mit Freunden und nackt draußen.
In einer „angezogenen” Welt nackt sein zu wollen, kam mir irgendwie auch nicht richtig vor. Heute würde ich als Kind danach »googeln«, damals, in den 60er Jahren ging es eben noch nicht ... und, WEN hätte man fragen sollen? Die Eltern? Die Geschwister? Die Lehrer? ... nie und nimmer.

Also musste es etwas »verborgenes«, etwas »heimliches« bleiben ... erst mal.
Wir hatten schon einen großen Garten hinterm Haus, jedoch war der Garten unserer Nachbarn, den Kielings (Babcock-Haus, Hallerstraße 73), noch wesentlich größer und hatte die Vorteile, dass er L-förmig angelegt und von den anderen Gärten her, nicht einsehbar war. Zudem befand sich auf dem Ende des Grundstückes ein kleines Gerätehaus.
Ich nahm also all meinen Mut zusammen, kletterte über den Zaun, schlich zu dem Gerätehaus ... und zog mich dahinter aus (viel hatte man allerdings auch nicht an → siehe oben). Dann vorsichtig aus der Deckung und durch den Garten gepirscht. Mit der Zeit wird man dann auch sicherer und selbstbewußter. Der Garten war auch zu verlockend: Apfel-, Birnen-, Kirsch- und Pflaumenbäume gab es ... lecker. Da mein Onkel mit Sicherheit nicht über den Zaun klettert, sondern um in den Garten zu kommen, das Gatter nimmt, hätte ich ihn auch rechtzeitig gehört. Onkel Kieling hatte zwar einen harten Ton, aber getan hätte er mir nichts.

Es machte Spaß, da so nackt durch den Garten zu wandeln und sich an dem fremden Obst schaffen zu machen. Aber irgendwann verblasst auch dieses „Abenteuer”, wird langweilig. Nicht, dass ich nun ein nacktes Abenteuer gesucht hätte, aber da nur so nackt in einem Garten hin und her zu marschieren, war irgendwie nicht das Maß der Dinge.
Inzwischen hatte ich auch schon von der Freikörperkultur, FKK-Vereinen und Nacktbade-Stränden gehört, aber für ein Kind waren diese Orte nicht erreichbar, zu weit entfernt. Meine Eltern brauchte ich nicht zu fragen und meine Geschwister hatten gewiss andere Interessen.

Dann mussten wir auch noch umziehen (das Haus in der Hallerstraße wurde abgerissen) und an meinem neuen Wohnort, im Eidelstedter Weg in Eimsbüttel, da gab es dann überhaupt keine Möglichkeit mehr, draußen nackt zu sein.

Es sollte nun ein paar Jahre dauern, bis ich wieder nackt in der Natur sein konnte: Schule, Lehre, Beruf, Bundeswehr ... HALT ... da bin ich an dem Punkt angelangt, wo es dann so richtig los ging → bei der BUNDESWEHR !

... und Schuld hat im Endeffekt nur die Bundeswehr !!!

In Kürze meine Zeit bei der Bundeswehr:
Anno 1981 trat ich als SaZ (Soldat auf Zeit) in die Bundeswehr ein. Nach der Grundausbildung in Delmenhorst kam ich auf das Geschäftszimmer der InstKp 180
in der Rantzau-Kaserne in Boostedt, bei Neumünster. Es folgten zahlreiche Lehrgänge und Fortbildungsmaßnahmen. Nach meiner Ernennung zum Unteroffizier
kam ich dann auf die »Schreibstube« des PzArtBtl 185 und kurze Zeit später in die S1-Abteilung der PzBrig 18 in die Sieck-Kaserne in Neumünster. Nachdem ich
sicher von meinem Standort wusste, zog ich auch von Hamburg nach Neumünster, einer Stadt, in der ich mich immer sehr wohl gefühlt habe.

Einer meiner Lehrgänge führte mich für ein paar Wochen in den Raum Köln. Neben dem ganzen militärischem Drill, Waffenkunde und Recht, stand auch ein auf 3 Tage angesetzter „Ausdauer- und Orientierungsmarsch” auf dem Dienstplan. Natürlich waren wir darüber hellauf begeistert...
Der Tag kam dann auch leider, so, wie er auf dem Dienstplan stand. „Aufrödeln”, „aufsitzen” ... und die Fahrt ging los. Irgendwann stoppte dann der Bus. In kleinen Gruppen wurden wir dann abgesetzt und uns allein überlassen (Ein- und Anweisungen gab es zuvor in der Kaserne). Nach einer kurzen Lagebesprechung und einer Grundsatzdiskussion über die Handhabung und Nutzung von einem Kompaß (es gibt da durchaus unterschiedliche Meinungen), marschierten wir los, in Richtung Etappen-Ziel. Es war Sommer, es war warm - der Rucksack war voll, dazu noch das alte G3 und die so geliebte ABC-Schutztasche, nebst Klappspaten. Wer die 80er Jahre bei der Bundeswehr noch kennt, weiß, wie viele Kilo man da mit sich herumschleppt. Die heutige Ausrüstung wiegt nur noch ein Bruchteil von dem, was sie vor über 25 Jahren mal wog.

Nach etlichen Stunden erreichten wir unser Etappen-Ziel - aber ausruhen war noch nicht, erst einmal Biwak aufbauen, Feuerstelle einrichten, und so weiter. Nach dem langen Marsch, vor allem in der Hitze ... wir waren alle durchgeschwitzt, jeder potentielle Feind hätte uns bereits auf mehrere Kilometer Entfernung am Schweißgeruch ausgemacht. Glück hatten wir aber, denn das Etappenziel lag in der Nähe eines größeren Waldbaches. Ohne großartige Abmachung - wir Männer waren ja unter uns - zogen wir uns einfach aus und sprangen ins (wirklich kalte) Wasser.

Nachdem wir selbst wieder erfrischt waren, haben wir dann noch die Klamotten, pardon: Feld-Uniformen, so gut es ging, gewaschen und dann zum trocknen ins Gras gelegt. Tja, bis die Sachen alle getrocknet sind, waren wir halt alle nackt. Es hat keiner von uns überlegt, ob man nun mit Badehose oder in Unterwäsche ins Wasser geht. Abgesehen davon, die Badehose hatte ich auch in der Kaserne gelassen.

So verbrachte ich also als Erwachsener meine ersten nackten Stunden in der Natur.
Ein Gefühl, welches mir (wieder) unheimlich gut gefallen hat. Übrigens, wir waren dann auch nackt in unsere Schlafsäcke gekrochen, und auch die abwechselnden Nachtwachen haben wir in einem unbekleideten Zustand durchgeführt, sozusagen als »Nackt-Wachen«.
Es gab aber auch Gruppen, die die ganze Zeit über „Dienst nach Vorschrift” geleistet und nicht gebadet hatten, bzw. in anderen Gruppen einzelne Soldaten, die dies so nicht taten.
Drei Tage nicht gebadet, drei Tage in den selben Uniformen, total verschwitzt und unheimlich dreckig - jeder Feind hätte sich, des Gestankes wegen, freiwillig zurück gezogen.

Zurück in der Heimat, zurück in Neumünster, liess mich dann der Gedanke, nackt in der Natur zu sein, nun endgültig nicht mehr los. Abgesehen vom Einfelder See, wo man gelegentlich Nacktbader antraf, gab es um Neumünster herum kein FKK-Verein, so blieb einem nichts anderes übrig, als auf eigene Faust einfach nackt durch die Wälder zu streifen. Leicht gesagt, aber erst einmal einen geeigneten Wald finden...

Zwischenzeitlich hatte ich mir aber auch schon ein paar FKK-Magazine besorgt - ein nicht gerade leichtes Unterfangen in einer kleinen Stadt. Kurze Zeit später hatte ich dann Urlaub, Tagesausflüge, mit dem Ziel, für mich geeignete FKK-Plätze zu finden, standen auf meinem Plan. Anhand von Kartenmaterial suchte ich mir Wälder heraus, um diese zu erkunden. Es dauerte schon eine Weile, bis ich den »richtigen« Wald gefunden hatte: er lag nördlich vom Einfelder See. Teilweise war es lichter Wald, teilweise dann auch wieder sehr dicht bewachsen, mit schönen Lichtungen (Anmerkung: diese Gegend ist heute bebaut). Nach einer kurzen Erkundung nahm ich allen Mut zusammen, zog mich aus und erkundete den Wald dann auf naturistische Art und Weise.
Dieser Wald war ideal und ich besuchte ihn von nun an öfters.

Dienstzeit-Ende nach knapp 5 Jahren Soldat auf Zeit. Ein schöne Zeit, wie ich fand. Dabei kommt es eigentlich immer nur darauf an, was man aus der Zeit bei der Bundeswehr macht. Mein Dasein als Foto-Journalist hatte ich inzwischen auch schon ausgeweitet, pendelte immer zwischen Neumünster und Hamburg hin und her. Schließlich zog ich dann wieder in die Hanse- und Medienstadt Hamburg.

Der Freikörperkultur war ich die ganze Zeit über so gut es ging, treu geblieben, beschränkte sich aber inzwischen fast nur noch auf den Bredenbeker Teich. Hier traf man schon mehrere nackte Menschen, ich war wieder unter Gleichgesinnten. Ein großartiger Tipp war dann der HFK, das Sommerbad Volksdorf - allerdings beruflich bedingt, nur als Tagesgast. Gegönnt hatte ich mir dann noch FKK-Urlaube in Frankreich (→ Cap d'Agde) und Jugoslawien (Rovinj), jeweils so 10 Tage. Im Prinzip sehr schön, allerdings damals so als Alleinreisender nicht gerade erbauend. Auch, wenn ich Kontakte knüpfen konnte, so war ich Abends und Nachts dann doch allein.

Es dauerte wieder ein wenig, bis ich, bis wir - inzwischen mit meiner eigenen Familie - Mitglieder in der Liga wurden

ich war nun in der Freikörperkultur richtig angekommen !


Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es noch mehr Kinder und Jugendliche gibt, die - wie ich damals - sich für Nacktheit, Freikörperkultur, bzw. Naturismus interessieren, aber nicht die Möglichkeit haben, diesem Interesse nachgehen zu können. Heute ist es zum Glück wesentlich einfacher sich zu informieren, allerdings muss man dann auch den Mut aufbringen, den nächsten logischen Schritt zu machen.

 

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